Hidden North und Sicknesstrek (13.7.15-19.7.15)

Nach langer Zeit, schaffen wir es endlich wieder einen Post hochzuladen; es sei gesagt, dass es nicht an Willen oder Ausdauer unserer Seite mangelte. Nein, wir sind hier im Himalaya gelandet und obwohl es Berge sind wie in der Schweiz, kann man als Schweizer alles nur unterschätzen oder einfach nicht einschätzen: das Internet, das Wasser, die Bakterien, den Regen, die Höhe, den Strom, die Flexibilität der Einheimischen und die Toiletten.

Zuerst verbrachten wir drei Tage in Cristinas (ehemalige Trainerin im Nippon Bern) und Taschis Guesthouse in Phyang (dreissig Autominuten von Leh, Ladakh), um uns für den darauffolgenden viertägigen Trek zu akklimatisieren.
Als wir nach unserem Delhi-Leh-Flug um 07.45 Uhr das Hidden North Guesthouse in Phyang auf 3505 m.ü.M. erreichen, werden wir von Cristina, die Janina seit über sechs Jahren nicht mehr gesehen hat und eigentlich nie wirklich gut kannte, herzlichst empfangen und sogleich mit Frühstück versorgt. Die ersten zwei Tage gehen wir eher langsam an, da nicht nur die Flughafenlautsprecherstimme uns dazu auffordert, sondern auch Cristina und ihr Ehemann Taschi strikte Ruhe empfehlen - nein, Janina darf am zweiten Tag nicht joggen gehen. Bald merken wir, wie es sich anfühlt, wenn der Körper diese Ruhe einfordert: Schwindelgefühl, komatöser Nachmittagsschlaf gefolgt von Hamster- und Goldfischträumen, Trägheit, Herzrasen, Hechelatmung – wir halten uns von selbst an die Vorgaben.

In diesen Tagen lernen wir Cristinas Familien- und Geschäftsleben etwas näher kennen und sind beeindruckt. Nicht nur kümmert sie sich um ihren vierjährigen Sohn Taschinamgial, die Gäste und allfällig unerwartete Besucher (Mönche, verlorenen Israelis etc.) und spricht dadurch täglich vier Sprachen abwechslungsweise (Englisch, Ladakhi, Italienisch und Schweizerdeutsch), nein sie, managed dies dazu noch in der unwirten Gegend des Himalayas. Regelmässig können dadurch folgende Schwierigkeiten hinzukommen, welche wir in den drei Tagen alle leibhaft miterleben durften: Zelte mit untergebrachten Gästen halten dem Sturm nicht stand, Stromausfall immer mal wieder, Internet steht nur selten zur Verfügung, Telefone funktionieren mit Glück, die Wasserversorgung wird durch kaputte Leitungen unterbrochen, Gäste müssen ins Spital oder noch besser, das Trinkwasser geht (fast) aus. Nichtsdestotrotz schafft es das Trio Cristina-Taschi-Taschinamgial den Gästen einen wunderschönen Aufenthalt im authentischen Stil zu ermöglichen und ihnen stets kurz vor der Nase die Steine aus dem Weg zu räumen. Denn Cristina hat sich schon dem ladakh’schen Lebenstil angepasst und findet immer und zu jederzeit für alles eine kreative Lösung.


An unserem vierten Tag in Phyang fahren wir mit Taschi Richtung Leh, zu seinem Büro, wo schon unsere vier Trekkinggefährten, welche mit uns die nächsten fünf Tage und vier Nächte verbringen werden, am Warten sind. Sandra welche mit Benj studiert hat, kennen und schätzen wir bereits, und ihre Kollegin Jeanine, sowie das genf-pariserische Pärchen Sophie & Tobias sind uns von Anfang an sympathisch. Leider wird diese sechser Konstellation nicht bis am Schluss halten, aber alles der Reihe nach.

Nach einer staubigen und holprigen Autofahrt kommen wir in Chilling an und müssen per Seilbähndli über den Fluss gezogen werden, da die Brücke, welche eigentlich hier stehen sollte, vor sechs Monaten weggeschwemmt wurde. Danach wandern wir per Fuss unter der erbarmungslosen Sonne Richtung Kaya. Unterwegs bemerken wir, dass man hier nicht schwitzt und nass wird, nein, alles was aus den Poren dringt, verdunstet sofort! Die zwei Stunden Fussmarsch setzten uns allen aufgrund der Höhe und der Hitze unerwartet fest zu, sodass schon am ersten Tag alle ausser Janina und Sandra Kopfschmerztabletten in rauen Mengen zu sich nehmen.

Nach einer unruhigen Nacht stehen wir um 7:30 Uhr auf, essen Frühstück und begeben uns auf die nächste Teiletappe. Das Wetter hat Erbarmen mit uns, die Sonne scheint nicht mehr so heftig und trotzdem kämpfen wir alle gegen die Höhe an, welche uns in erster Linie Schmerzen bereitet und zweitens konditionell herausfordert. Benj und Jeanine essen munter Kopfschmerzmittel, Sophie nimmt Medikamente gegen die Höhenkrankheit zu sich; Sandra, Tobias sowie Janina sind im Moment (noch) gesund. Um 14:00 Uhr kommen wir in Shingo unserer Unterkunft an, trinken Tee, spielen Karten und warten auf das Nachtessen. Vor dem Nachtessen verabschiedet sich Tobias mit Magenproblemen auf die Toilette und legt sich dann, nach der Einnahme von Antibiotika, ins Bett. Da auch Sandra über Rückenschmerzen klagt, ist Janina nun die einzige symptomfreie. Mitten in der Nacht fängt es an zu regnen, leider nicht nur draussen, auch in unserem Zimmer.








Am Morgen des dritten Tages muss Jeanine, nach einer anstrengenden Nacht, schweren Herzens den Rückweg antretet, da es ihr trotz vieler Tabletten nicht gelingt, die Kopfschmerzen in den Griff zu kriegen. Ihre Freundin Sandra und einer unserer zwei Guides begleiten sie dabei. Wir anderen, Tobias auf Antibiotika, Sophie auf Medikamenten gegen Höhenkrankheit, Benj mit drei Kopfschmerztabletten zum Frühstück und Janina, die braucht nur Porridge, machen uns auf den Weg die 2000 Höhenmeter, welche heute auf dem Programm stehen, in Angriff zu nehmen. Der Plan sieht so aus: Zuerst 1000 Meter überwinden, um den Pass Kunda La, welcher auf 4900 m. ü. M. liegt zu überqueren und weitere 1000 Meter runtersteigen, wo sich unser nächstes Homestay befindet.

Wir laufen los und erstaunlicher Weise geht es recht gut. Oben angekommen, wartet Team Hofer 45 Minuten auf das Team Tobias & Sophie, bei welchem letztere stark zu kämpfen hat, da sie aufgrund der Höhe unter Atemproblemen leidet. Als Sophie kurz davor ist, das Zeitliche zu segnen, verspricht ihr Tobias, sie zu heiraten, wenn sie es bis auf den Pass schafft. Und sie schafft es! Wir gratulieren dem (frischverlobten) Paar ganz herzlich und freuen riesig auf die Hochzeitseinladung nach Genf!
Somit sei das wichtigste gesagt…und sie lebten lange und glücklich bis an ihr Lebensende.




PS. Beim Abstieg, der nicht ganz reibungslos verlief und nur dank spontaner Pferdemiete gelang, schlug es noch Dundup (Guide) und Janina (jetzt auch Antibiotika schluckend) auf den Magen. Tobias tauft die Wanderung auf den klingenden Namen Sicknesstrek um.

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