Zwei Pechvögel in der Regenbogenstadt (19.2.14-2.3.14)

Ihr habt eure Daumen nicht genügend stark gequetsch oder es waren einfach eine zu geringe Anzahl Daumen die eingeklemmt wurden. Das Resultat ist jedenfalls vernichtend: Bobby ist zu einer Klette geworden, der illegale Arbeitsmarkt für Leute ohne Arbeitsvisum ist ausgetrocknet und die Credit Suisse vergisst Janinas Kreditkarte zu schicken. Die grauen Wolken über Sydney lichteten sich erst am 1. März während dem grössten Mardi Gras der Welt, als die Stadt in allen Regenbogenfarben erstrahlte.

Die Misere beginnt, als wir in Batemans Bay für Bobby, die Klapperkiste von 1987, einen Pink Slip (Sicherheitszertifikat) holen wollen. Inzwischen wissen wir, wie einfach es sein kann sich den Wisch zu ergattern, wenn man den richtigen Mechaniker erwischt. Leider treffen wir auf den Falschen und müssen, um das ersehnte Zertifikat zu erhalten, zunächst ein neues Lenkrad, inklusive ganzem Gestänge, der Marke Toyota, Autotyp Hiace, Baujahr 1987 ausfindig machen. Marke und Autotyp sind überhaupt kein Problem, darauf haben wir beim Kauf geachtet, bloss beim Jahrgang schlucken die Wrecker, die Verbrauchtwagenhändler, leer. Fest entschlossen Bobby in Sydney zu verkaufen, surfen wir statt auf Wellen im Internet und machen einen nervaufreibenden Nachmittag später die potentielle Werkstatt in Wollongong ausfindig. 
Am darauffolgenden Tag verlassen wir Batemans Bay in Richtung Wollongong, machen dem Schrotthändler schöne Augen, suchen einen halbwegs ehrlichen Mechaniker der Zeit hat und beten. Oh Wunder, wir verlassen Wollongong nach ein paar Stunden mit Lenkrad und dem ersehnten Pink Slip. 

Voller Hoffnung und mit neuem Mut kurven wir bis zur Erschöpfung im Herzen Sydneys herum und hängen Flyer auf, die Bobby von seiner Schokoladenseite, d.h. jene die kein Känguru gerammt hat, anpreisen. Nach erfolgreichen zwölf Stunden bibbern, rumrennen und dem Stadtverkehr zur Rush Hour trotzen, parken wir Bobby auf dem Lane Cove River Campground und schlafen auf der Stelle ein. Die kommenden zwei Tage geniessen wir die touristische Seite Sydneys, die teurer und besser nicht sein könnte. Es wird alles geboten was das Touristenherz begehrt: Harbourbridge Besteigung, grösste IMAX-Leinwand der Welt, Casinos, Bootstouren, Opernhausführungen, Falschirmsprünge und vieles mehr. Nur leider sind wir momentan nicht als Goldeseltouristen unterwegs und können nicht alles kaufen was glänzt. The Hobbit in 3D auf der riesigen IMAX-Leinwand lassen wir uns nicht entgehen und Benj testet die hiesigen Black-Jack-Dealer.




Wenn auch stark verdrängt, wird es irgendwann Montagmorgen und wir müssen uns bemühen, Bobby zu einem vertretbaren Preis an den Mann zu bringen. Zunächst sind wir wie immer positiv eingestellt und lenken unseren treuen Gefährten ins Kings Cross Parkhaus auf den Backpackerautomarkt. Die Stimmung erlebt einen ersten Sinkflug als wir die Preise der besser ausgestatteten und jüngeren Wagen sehen und im Gespräch mit den Besitzern erfahren, dass sie Tag für Tag acht Stunden im dritten Untergeschoss bei Neonlicht auf die ausbleibende Kundschaft warten. Während fünf Tagen setzen wir uns an Bobbys Seite und versuchen ihn mit allen Tricks in Französisch an die Franzosen, als Sparwagen an die Deutschen und als geräumiges Mobil an Kanadier zu verhöckern. Nichts fruchtet. Bis zum Wochenende sind all unsere Glückshormone, die Hoffnung, die zuletzt sterben soll (es ist eine Lüge) und die gute Miene zum Bösen Spiel aufgebraucht. Als wäre dies nicht genug, erfahren wir auch noch, dass die bei Credit Suisse angeforderte Kreditkarte (die alte Karte wurde leider eingezogen) fälschlicherweise nicht verschickt wurde. Der ganze Aufwand (neue Kreditkart bestellen, sich mit Verwandten zur Übergabe treffen etc.) resultiert in einem Besitz eines neuen Pins zu einer nie versandten Karte. Herzlichen Dank an den auf Facebook verweilenden Sachbearbeiter. 




Kurzerhand entscheiden wir uns zwei Tage im Sonnenlicht, welches sich als strömender Regen entpuppt, zu verbringen. Wir queren die Harbourbridge zu Fuss und schauen uns abends, mit unseren belgischen, österreichischen und deutschen Leidensgenossen des Parkhauses, die zweistündige Mardi Gras Parade im Zeichen des Regenbogens an der Oxfordstreet an. Der Zug von Dragqueens, Ladyboys, schwulen Politikern, Fussballern, lesbischen Marineoffizierinnen, Polizistinnen und stolzen Familien mit unüblichen Elternbesetzungen scheint nicht mehr aufzuhören. Die versprühte Lebensfreude scheint ansteckend zu sein und so kriegt unser pechverschmiertes Gefieder ein paar Farbklekser ab.

Kommentare

  1. Ohhhh, ihr Lieben!!!! Ich wünsche euch von Herzen, dass euer Gefieder(wer schreibt hier so poetisch??) bald wieder vor Farbe funkelt.

    Ich drücke euch (ehrlich!!) weiterhin die Daumen!!

    Seid herzlich gegrüsst
    MaRu

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