Ein Inder kommt selten allein (3.11.13-6.11.13)

Was als erstes in Indien auffällt sind die Massen an Menschen. Nirgends ist man alleine, ob man will oder nicht. So lässt es sich nicht vermeiden, dass man beim Einsteigen in einen Bus oder Zug quetschend Richtung Wageninneres gepresst wird oder immer mal wieder fremde Menschen rammt. Für Inder hingegen ist es völlig normal und sie nehmen das Ganze meist auch ziemlich gelassen. Eine Frau im vollgestopften Tempel hat dies treffend wie folgt zusammengefasst: We feel lonley if we don't get a good shove (Schubs).

An Diwali, dem Fest zu Ehren der Göttin Lakshmi (Wohlstands- und Glücksgöttin), haben wir die tolle Idee, den Mahalakshmi Tempel in Mumbai zu besuchen. Da Diwali eines der grössten Feste ganz Indiens ist und am Tag darauf Neujahr gefeiert wird, sind wir nicht die Einzigen, die zum Tempel pilgern. Was dann kommt ist ein "once in a lifetime experience". Als wir aus dem Taxi aussteigen fällt uns als erstes die riesige Menschenschlange auf, von welcher wir weder den Anfang noch das Ende ausmachen können. Nichts ahnend watscheln wir an den wartenden Indern vorbei, um den Tempeleingang zu suchen. Plötzlich stehen wir vor einer abgesperrten Strasse, in die nur schubweise Besucher eingelassen werden. Erst jetzt bemerken wir, dass es hier Richtung Tempel geht und zehntausende von Menschen diesen besuchen wollen. Da es eine Ladyline gibt, wird Janina durchgewunken und ich nach einigem zögern auch. Was dann folgt übersteigt unsere Vorstellungskraft. Sehr gesittet wird man durch mehrere hundert Meter lange Schleusen geführt, die Männer (ausgenommen Benj), die sich die Beine in die Bäuche stehen, werden alle legalerweise überholt. Nachdem wir die Schuhe abgegeben und die Sicherheitschecks hinter uns haben, stehen wir vor den verschlossenen Toren des Tempels. Diese werden nun unter lautem Beifall der Gläubigen geöffnet. Wir wuseln uns in den Tempel, kriegen eine Rose und Prasad (gesegnete Süssigkeiten) in die Hände, einen roten Punkt auf die Stirn gedrückt und stehen ehe wir uns versehen, verschwitzt und mit Darshan (Blickkontakt mit Lakshmi) gesegnet wieder draussen.



Den Abend an Diwali verbringen wir mit unseren indischen Freunden, immer noch diejenigen welche Janina in der Schweiz kennengelernt hat, bei einem typischen mumbaianischen Essen. Auch hier hat es natürlich viele Menschen, so dass man bei jedem Restaurant eine Stunde und mehr auf einen Tisch wartet. Per Auto werden wir zum Hotel zurückgebracht und erleben unterwegs die über und auf der Strasse explodierenden Feuerwerkskörper.



Die nächsten zwei Tage geniessen wir auf dem 800 Meter hoch gelegenen Matheran, einer Hill Station welche die Briten bauen liessen, um dem heissen Wetter Mumbais zu enfliehen. Da der Ort autofrei ist, geht's nur per Schmalspurbahn oder per Taxi und dann zu Fuss rauf. Da man auch hier 1,5h für ein Ticket anstehen muss, entscheiden wir uns für letzteres. Aber auch an diesem abgelegenen Ort sind wir nicht alleine. Zu tausenden strömen indische Familie hier rauf und lassen sich per Pferd zu den Aussichtspunkten führen. Wir unternehmen eine vierstündige Rundwanderung, bei welcher die einzige Gefahr darin besteht, das Sprichwort "Ich glaub mich tritt ein Pferd" nicht Tatsache werden zu lassen. Am Abend geniessen wir in unserem Hotel die Puppetshow, spielen Lotto und schauen während dem einstündigen DJ-Set den indischen Familien beim Tanzen zu. Vom Kleinkind bis zum Opa: Die gehen ab wie Schmitz`s Katze!






Am nächsten Tag laufen wir um 5:45 Uhr ins Tal, um den 6:30 Uhr Bus Richtung Karjat zu erwischen. Trotz früher Uhrzeit und Dunkelheit sind wir auch hier nicht alleine. Noch währendessen der Bus einparkt, springen die ersten zur Tür, hechten hinein, werfen durch die offenen Fenster ihre Taschen auf die Sitze, um sie zu reservieren und bevor der Bus angehalten hat, sitzen schon alle auf ihren Plätzen. Da wir mit unseren 70-Liter-Rucksäcken eine enorme Wasserverdrängung und ein gewisses Gewicht in die Waagschale werfen können, haben wir uns in bester Indienmanier einen Sitzplatz ergattern können. In Karjat kaufen wir uns ein Zugticket nach Pune. Als wir den eintreffenden Zug sehen, trifft uns fast der Schlag. Er ist so etwas von überfüllt, das könnte der beste Bollywoodmovie nicht besser inszenieren. Fast alle Wagen sind so vollgestopft, dass es absolut keinen Weg gibt, um sich hineizuquetschen. Es ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit! Sekunden bevor der Zug abfährt gelingt es uns, bei einem Wagen, bei welchem nicht auch das Trittbrett mit drei Personen besetzt ist, hineinzuspringen. Die zweistündige Fahrt bringen wir stehend und immer wieder ausweichend, weil es hat ja Essensverkäufer im Zug, hinter uns. In Pune angekommen, stellen wir uns sofort bei einem Schalter in eine meterlange Schlange, um noch in diesem Leben Goa zu erreichen...

Kommentare

  1. Liebe Janina, lieber Benj
    Vielen Dank für die eindrücklichen, schönen Bilder und eure spannenden, informativen, lustigen Texte. Ich verschlinge diese jedesmal!Euch auf den Fotos zu sehen, tut gut...
    Viel Liebes von MaRu

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  2. Herrliche Beschreibung! Ja, es sind wohl definitiv too many indians in India. Aber das Faszinierendste ist, dass bei genauer Betrachtung das noch so grösste Chaos seine Ordnung und sein System hat.
    Häbet Sorg u lönd eu umhaue ;-)
    Romy

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